Der Antrittsbesuch: Neuer Hockey Tämpu Langnau.
Fast täglich bewunderte ich via Webcams den Sommer über den Baufortschritt der Sanierung der Illfishalle in Langnau. Vom Rückbau der Halle, dem Aushub der Tiefgarage, der Demontage des alten Daches, des Hochziehen des neuen mehrstöckigen Hallenanbaues, der Montage der neuen Holzdachleimbinder, der Deckung des Hallendaches oder der Fertigstellung der neuen Außenfassade konnte mit Hilfe dieses Medium auch im Schwarzwald die Bilddokumentation im 10-Minuten-Takt, Tag für Tag mit verfolgt werden. Rasch machte sich also auch hier eine große Vorfreude zum Besuch eines Spieles der SCL Tigers in der rundsanierten Ilfishalle breit.
Gerne wäre ich zum ersten Spiel am Eröffnungstag am 20. Oktober gegangen. Doch irgendwann kam mir dann in den Sinn, dass erst einmal jeder Hockeyfan aus dem Emmental, der eine oder andere Handwerker der mitgeholfen hat dieses Projekt zu verwirklichen und bestimmt noch einige andere den SCLT nahestehenden Personen dieses Privileg vorgehalten sein soll, zumal die Hallenkapazität auch leicht nach unten geschraubt wurde. So räumte ich diesen Besuchern eine zweiwöchige Frist mit fünf Heimspielen ein, dieser Gegebenheit nachzukommen und fixierte das Heimspiel gegen den HC Ambri-Piotta für meinen Antrittsbesuch zur Erstbesichtigung des neuen Stadion.
Schnell war auch ein passendes Wochenendprogramm zusammengestellt. Auch eine kurzfriste Einladung zum Kaffe vor dem Match stellte kein unüberbrückbares Problem dar, da der geplante Besuch des Fabrikverkauf des Edelgebäckherstellers „Kambly“ in Trubschachen auch locker auf Sonntagvormittag verlegt werden konnte, da für die Rückreise sowieso die etwas längere Variante durchs hintere Emmental und Entlebuch fixiert war.
So ging es also über mittlerweile zur Routinestrecke gewordene Route der A1 über den Züricher-Nordring bei bestem Wetter Richtung Kanton Bern. Schon kurz nach der Grenze bei Schaffhausen war klar, dass die angestrebten Aussichtspunkte heute zu einem besonderen Erlebnis werden würden. Es herrschte eine geniale Wetterföhnlage und die Alpenberge schienen dadurch zum greifen nah. Erste Anlaufstelle war die Lueg bei Affoltern im Emmental. Der so genannte Heiligenlandpöli liegt auf rund 890 Meter Meereshöhe, war früher eine Hochwacht in der im Kriegsfall ein Alarmfeuer angezündet wurde. Grandios der Blick auf die Bilderbuchbergkette des Berner Oberlands.
Weiter ging es zur Schaukäserei nach Affoltern. Auch dort ein kleiner Rundgang und ein paar gute Emmentaler Käsehäppchen einkaufen. Über Sumiswald ging es dann endlich ins Hockeydorf Langnau. Im großen Dorf-Einkaufszentrum an der Ilfis schnell den aufkommenden Hunger vertreiben und weiter zur nächsten Berg-Etappe: Moosegg via Emmenbrück. Das Bergpanorama von hier noch einmal eine Spur imposanter, da das gewaltige Bergmassiv mittlerweile durch die Nachmittagssonne in allerbester Pracht zu bewundern war. Für ein paar Minuten selbst nochmal die Spätherbstsonne tanken und weiter zum Hotel-Check-In und zum Kaffebesuch bei Judith in Lützelflüh.
Pünktlich zur Hallenöffnung wieder zurück in Langnau. Die Außenfassade der „Arena“ war bereits eindrucksvoll in den Vereinsfarben rot und gelb angestrahlt und auch das große Vereinslogo an der Eckstirnseite der Halle war leuchtstoffmäßig hervorragend in Szene gesetzt. Reges Treiben zwischen Höri-Wurststand, Fanshop, dem neuen Fan-Träff vis-a-vis des Stadions und dem neuen imposanten Hallenanbau mit dem Haupteingang-Sektor. Upps, 3-4 Hannover Fans mit Indians-Trikot und HCAP-Schal waren wohl genauso vom SERC-Trikot mit SCLT-Schal überrascht, wie ich.
Schön, wenn schon bei so einer großen Fanscharr vor der Halle die Vorfreude auf das Spiel anwachsen kann. Eine ganz neue Erkenntnis, der Vorplatz dient sozusagen als Treffpunkt bevor es gemeinsam in kleinen Gruppen zum Stammplatz in die Halle geht. In VS geht man da eigentlich immer direkt in die Halle und trifft sich da eher direkt auf der Tribüne oder im weitläufigen Areal bei den Verpflegungsständen mit den Blocknachbarn.
OK, ich verspürte dann recht bald doch eher einen Drang die Halle endlich live von innen zu begutachten. Sie ist ja noch als „Edel-Rohbau“ ausgewiesen und gerade in den Verbindungsgängen noch nicht ganz komplett fertig gestellt. Auch in dem etwas kleinen Zugangsbereich zur neuen riesigen Stehplatzrampe der Heimfans, die sich jetzt auf der Seite Richtung Bärau befindet, sollte evtl. noch mal etwas gefeilt werden. Eine großzügige Fluchtwegauflage scheint es hier in der Schweiz nicht zu geben. Schnell mal in der Pause rüber in den großräumigen Tigersaal für Verpflegung bzw. Getränke hielt ich für schwer realisierbar, und ob der eine Verpflegungsstand direkt hinter der Rampe den Pausenandrang bewältigen kann ebenso. Hier sehe ich schon noch deutlichen Handlungsbedarf. Ich hätte in der Spielpause schon mal gerne den Tigersaal aufgesucht, wo es ja einen umfangreichen Thekenbereich gab. Notgedrungen wurde deshalb die Flüssig- und Festnahrungsaufnahme auf das Spielende und in den Außenbereich verlegt. Dadurch gab es dann aber wenigstens mal die Gelegenheit die berühmte echte Langnauer Höri-Wurst zu kosten. ;-)
Das wird dann auch mein einziger Kritikpunkt bleiben, mal schauen ob sich da bis zur Fertigstellung und Auflösung des Status „Edel-Rohbau“ noch was tut mit der Bewegungslogistik im Heimblock. Der Rest was ich rund um die Sanierte Halle gesehen habe war wirklich vorzüglich und man hat es auch nicht versäumt den „Retiered Numbers“ und dem „Meisterteam 76“ einen würdigen Präsentationsrahmen einzuräumen.
Kurz zum Spiel:
Ok, war jetzt sicher nicht ein Spiel mit massig Aktionen zum Zunge schnalzen aber das war auch nicht zu erwarten wenn der Letzte auf den Vorletzten trifft. Viel Kampf (das war aber so auch ok) sicher auch die eine oder andere Unzulänglichkeit was das Aufbauspiel betraf. In der ersten Hälfte des letzten Drittels die Spielentscheidende Phase. Die SCLT vergeben Tormöglichkeiten „en masse“ (nichts neues, wie beim SERC halt) was sich wie meistens in solchen Fällen bitter rächen sollte. Zum Spielverlauf verweise ich einfach mal auf das Matchtelegramm am Ende.
Spielerkritiken:
Jörg Rebers Schüsse von der blauen Linie fehlten an allen Ecken und Enden, was da von der blauen Line kam, stellte Ambri-Goali Schaefer vor keine allzu großen Probleme. Joël Genazzi und seine Reihe mit Tobi Bucher und Claudio Moggi sehr effizient. Die erste Reihe vor allem Pascal Pelletier mit überdurchschnittlich viel Eiszeit. Simu Moser nach der schweren Verletzung, doch noch nicht wieder auf 100%. Thomas Bäumle wirkte gegen seinen alten Verein sehr unsicher und hatte viele Abpraller die oftmals gefährliche Torsituationen heraufbeschwört haben.
Die SCLT NHL-Cracks:
Tyler Ennis sehr gutes Stickhandling, schnelle wendige Moves aber auch viel zu puckverliebt. Vergab zudem 2-3 totsichere Tormöglichkeiten. Jared Spurgeon bis auf den Treffer kurz vor Schluss eher unauffälliger.
Bei Ambri waren Schaefer im Tor, Noreau, Kutlak und Park überdurchschnittlich und vor allem die Pedretti – Miéville – Reihe zusammen mit Jungstar Inti Pestoni, die an diesem Abend immer wieder für viel Gefahr sorgte.
Zur Stimmung:
Phantastisch, trotz der heiklen Tabellensituation und doch schon einigen kritischen Stimmen zu Trainer, System und einzelnen Spielern in den diversen Internet-Plattformen.
Vor allem die beiden Capos unten am Fanblock und die Art und Weise wie sie den Block zum Support animierte war ein Lehrbeispiel aus Fansicht wenn du z.B. aus VS zu diesem Spiel gekommen warst bzw. noch die Schwenninger Vereinsbrille aufgehabt hast.
Mit vielen kleinen Gesten kommunizierten die beiden mit „Ihren“ Fans bzw. diese mit Ihnen. Dabei blieb trotzdem genügend Spielraum das beide Seiten sich immer wieder individuell nachhaltig einbringen zu könnten. Vor allem alles ohne viel theatralischen Gesten, die vielleicht eher den einen oder anderen zur Zurückhaltung als zum Mitmachen verleidet hätte. Und dabei hatten die beiden immer recht viel Spaß, was eindeutig in ihren Gesichtern abzulesen war. Die Trommler einige Stehstufen oberhalb der Capos angesiedelt, bildeten eine perfekte Einheiten und wurden ebenfalls optimal von den Capos dirigiert. So machte selbst mir Support auch durch Animation mit zwei Flüstertüten richtig viel Spaß und ich nahm rege daran teil. Auch kleine Fangruppen waren nicht sofort ungehalten als ihr Gesang-Anstimmen 1-2 mal von unten ungewollt überstimmt wurde. Beim drittenmal klappte es dann und es gab dafür ein dickes „Daumen hoch“ als Geste von den beiden Capos.
Ich hab mich bestimmt fast ein Drittel zu einem großen Teil nur auf dieses gekonnte Wechselspiel Capos – Trommler – Fans konzentriert, mich sogar sehr daran erfreut und muss mal wieder erschreckend feststellen, wie weit weg wir in VS mittlerweile von einer solchen starken Einheit auf den Rängen gekommen sind bzw. diese nur noch im allergrößten Erfolgsfall, ansatzweise abrufen können. Schade, schade. Vielleicht täte es dem einen oder anderen VS-Fan gut, seinen Fan-Horizont mal durch Besuch eines neutralen Hockeyspiels (z.B. in Langnau) zu erweitern. Nicht das man irgendwann mal selbst glaubt: Es tut es ja auch so, wie es jetzt halt ist .. in VS.
Ach ja, schon vor der Langnau-Fahrt hatte ich mir selbst auferlegt das SERC-Heimspiel am Sonntagabend zu knicken (auch wenn es zeitlich sicher gereicht hätte) um die positive Supportstimmung aus dem Emmental noch etwas über die Länderspielpause hinaus zu kompensieren.
Die x-te Stimmungsdebatte Helios-Arena bzw. denn sicher gut gemeinten Vorschlag wieder einen Megaphon-Mann in VS zu installieren trieben mir bereits am späten Sonntagabend ein fettes Grinsen ins Gesicht.
Fazit:
Ich wusste es!!!! Mal wieder alles richtig gemacht!. :-D
Matchtelegramm:
SCL Tigers - HC Ambri-Piotta
ILFISHALLE - 5735 Zuschauer
Schiedsrichter: Kämpfer, Kaderli/Wüst
Torfolge
4. Noreau (Jason Williams, Park/Ausschluss Leblanc) 0:1.
10. Genazzi (Claudio Moggi, Stettler) 1:1.
14. Jacquemet (Lardi, Simon Lüthi/Ausschluss Duca) 2:1.
16. Pedretti (Pestoni, Schulthess) 2:2. 27. Genazzi (Tobias Bucher) 3:2.
40. (39:26) Reichert (Duca) 3:3.
55. Pedretti 3:4.
57. Miéville 3:5.
60 (59:53) Spurgeon (Kurtis McLean/Ausschlüsse Jason Williams; Pelletier) 4:5 (ohne Torhüter)
Strafen:
SCL Tigers: 4 mal 2 Minuten
HC Ambri-Piotta: 7 mal 2 Minuten
SCL Tigers
Bäumle; Spurgeon, Philippe Rytz; Lardi, Simon Lüthi; Valentin Lüthi, Stettler; Christian Moser, Kim Lindemann; Tobias Bucher, Claudio Moggi, Genazzi; Ennis, Kurtis McLean, Simon Moser; Jacquemet, Pelletier, Froidevaux; Leblanc, Adrian Gerber, Adrian Brunner
HC Ambri-Piotta
Schaefer; Noreau, Dotti; Kutlak, Sidler; Trunz, Schulthess; Julien Bonnet; Lachmatow, Park, Jason Williams; Duca, Schlagenhauf, Reichert; Pestoni, Miéville, Pedretti; Grassi, Tim Weber, Elias Bianchi; Mattia Bianchi
Bemerkungen:
SCL Tigers ohne Reber, Sandro Moggi, Lukas Haas (alle verletzt), Popovic und Hübl (beide überzählige Ausländer)
HC Ambri-Piotta ohne Höhener, Botta (beide verletzt), Casserini und Kobach (beide krank)
SWISSCOM-Bericht: *klick*