Le hockey sur glace de Gaule / Länderpunkt Gallien
Der missglückte Saisonstart von Schwenningen mit wenig spielerischem Glanz und entsprechender Tristesse auf den Rängen war Nährboden mal etwas Neues auszuprobieren. Ein Eishockeymeisterschaftsspiel in Frankreich. Zudem eine Art Generalprobe für die drei noch fehlenden französischsprachigen NLA-Standorte Biel, Fribourg und Genf die ja sicher auch irgendwann nochmal auf dem Plan stehen werden. Schnell war etwas passendes gefunden: Strasbourg vs Briançon, Sechsplatzierter gegen Viertplatzierter der aktuellen französischen Eishockey-Meisterschaft.
Etwas gewöhnungsbedürftig für die Fahrt zu einem Eishockeyspiel war die Richtung die am Samstagmorgen eingeschlagen wurde. Über den Kfz-Bezirk OG ging es für mich bisher ganz selten zu einem Eishockeyauswärtsmatch. Hold, war glücklicherweise auch der Wettergott und verzichtete auf die übliche Novembernebelsuppe im (Rhein)Tal. Nachdem der kostenfreie P+R Parkplatz angesteuert war und einem schnellen Rundgang durchs noch verschlafen Kehler Stadtzentrum, ging es mit Ortenaubahn in zehnminütiger Fahrt hinüber auf die andere Rheinseite in die elsässische Metropole.
Schon auf dem Weg in die historische Altstadt, eine erste Begegnung mit dem Team der roten Teufel aus Briançon. Leicht auszumachen an ihrer Trainingskleidung mit entsprechendem Hörneremblem. Die Cathédrale Notre-Dam -das Strasburger Münster- war die erste Anlaufstelle. Imposante 142 Meter hoch und bei guter Witterung auch von der einen oder anderen Nachbargemeinde daheim auszumachen. Der Straßburger Altstadtkern ist komplett mit Kanälen von Wasser umschlossen und so lag es nah, zur Mittagszeit die Europastadt auf dem Wasserweg zu erkunden. Neben den unzähligen historischen Gebäuden rund ums Altstadtzentrum, lagen auch das Europaparlament und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte an der Wasserroute. Viele interessante und auch skurrile Neuigkeiten wurden in 16 Sprachen via Bordradio vermittelt. Kleines Beispiel: Im Elsass gelten Fachwerkhäuser –und davon gibt es hier reichlich- als bewegliche Sache und nicht als Immobilie. Danach blieb noch etwas Zeit für Gaumenfreuden und Shopping bevor es zu Fuß zum Stadion Iceberg, Pationoire de Strasbourg ging.
Das Stadion ist ziemlich neu und architektonisch sehr extravagant. Sieht es doch aus der Ferne wirklich aus wie ein riesiger Eisberg, der irgendwo in der Arktis im Meer treibt. Man könnte es aber auch mit etwas Phantasie mit einem Museum für moderne Kunst verwechseln. Links vom Haupteingang gibt es noch eine zweite kleinere Eisfläche die für den Publikumslauf genutzt wird.
Der Einlass verzögerte sich dadurch wohl auch etwas. Zudem schlug eine gut zwei Dutzend große Eishockey-Fangruppe aus der kurpfälzischen Quadratstadt plötzlich noch mit auf. Das musste doch echt wirklich nicht sein heute, oder? Nach der neuerlichen Niederlage der Wild Wings am Vortag, mit dem erneuten Abrutschen auf den Vorletzten Tabellenplatz, könnte ich heute eines absolut nicht gebrauchen: Mannheimer Schmähgesänge. Es wurde Kurzerhand entschlossen, zu den Adler-Trikotträger etwas auf Distanz zu gehen. Also in der Halle später dann auch lieber mitten rein zu den Galliern, als in den Block in dem sich die Herrschaften mit dem SAP-Schriftzug niederließen. War dann zum Glück auch relativ problemlos, da ich mit Canada-Trikot, eishockeytechnisch doch sehr neutral daherkam.
Das Stadion auch innen sehr modern, laut Stadionverzeichnis 1600 Plätze, die 400 Stehplätze verteilen sich aber wohl auf den Umlauf, es war sonst kein separater Block dafür ersichtlich. Schicke Ordner mit Anzug und Krawatte verliehen dem ganzen etwas Großstadtflair. Ganz kleine elsässische Supporter-Ecke, die sich aber dann mit dem Kurpfälzer Eishockeyanhang fast verdoppelt hat. Gästefans: Fehlanzeige. Zum Spielbeginn dann auch gute Hallenauslastung so ca. 90% schätze ich. Kurze aber nette Eröffnungszeremonie mit etwas Feuer auf dem Eis. Naja, war dann halt eine fast komplette Sitzplatzveranstaltung, Stimmung entsprechend, auch wenn die kleine Straßburger Supporter-Ecke sich redlich mühte mit ihrer Flüstertüte. Die Freunde aus der Kurpfalz hatten nach 20 Minuten ihre akustischen Unterstützungsversuche freundlicherweise auch weitgehend eingestellt.
Zum Spiel selbst: Ja, war so etwa Buli-Niveau. Straßburg im ersten Drittel mit den etwas besseren Chancen, ansonsten ziemlich ausgeglichen. Briançon dann im zweiten Drittel deutlich stärker und mit vier Treffern. Treffer zwei war dabei am schönsten herausgespielt, über den Flügel mit präzisem Pass in den Rücken der Abwehr. Zwei der vier Treffer mit freundlicher Unterstützung der Elsässer Hintermannschaft. Einmal total verbockter Wechsel mit zwei roten Teufeln alleine vor dem Straßburger Goalie, der danach auch wütend seine Kelle zertrümmerte und seine Vorderleute lauthals zusammenstauchte. Im Schlussdrittel kam Straßburg nochmal auf zwei Treffer ran, Briançon spielte es aber allem im allem locker runter und gewann verdient.
Fazit. Schöner Tagesausflug und den geistigen Eishockeyhorizont um ein neues Länderkapitel erweitert. Die welschländischen NLA-Standorte können also kommen.