Der Dominator dankt abGestern in Detroit gab Goalie-Legende
Dominik Hasek (43) sein endgültiges Karriereende bekannt. Die NHL verliert mit ihm einen der besten - und auf alle Fälle den spektakulärsten - Torhüter aller Zeiten. Auch wenn er nie das Charisma eines Patrick Roy oder die Zuverlässigkeit eines Martin Brodeur, wohl seine Hauptkonkurrenten der letzten 10-15 Jahre, erreichte, konnte einem Hasek zu seinen besten Zeiten Mitte bis Ende der 90er keiner das Wasser reichen. Zwischen 1993 und 2001 gewann er sagenhafte 6 Vezina Trophys als Top-Goalie der Liga (nur Habs-Legende Jacques Plante hat noch eine mehr) sowie 2 Hart Trophys als MVP (als erster Goalie in 35 Jahren). Seine 389 Saison- und 61 Playoff-Siege bedeuten jeweils Platz 10 in den ewigen Ranglisten.
Gute alte Zeit: Dom als Blackhawk und in der alten Sabres-KluftDabei hätte Hasek, am 29. Januar 1965 im tschechischen Pardubice geboren, wohl noch weitaus bessere Statistiken, wäre er nicht so ein Spätzünder gewesen. Die Chicago Blackhawks drafteten ihn bereits 1983, doch bis zum Fall des Eisernen Vorhangs beschränkte sich seine Karriere auf die tschechoslowakische Liga (2x Meister mit Pardubice, 3x Spieler des Jahres, 5x Goalie des Jahres) und die Weltmeisterschaften (3x Bronze, 2x Bester Goalie). Erst 1990 wechselte er nach Nordamerika, wo er die ersten beiden Jahre meist im Blackhawks-Farmteam Indianapolis verbrachte. So war Hasek bereits 25 Jahre alt, als er sein erstes NHL-Spiel absolvierte, und 26 bei seinem ersten Sieg.
An Chicagos #1, dem gleichaltrigen
Ed Belfour, war jedoch auf Dauer kein Vorbeikommen, und so tradeten ihn die Blackhawks im Sommer 1992 für Goalie Stephane Beauregard (aus dem nie etwas wurde) und einen Draft Pick (bei dem immerhin Eric Daze rauskam) zu den Buffalo Sabres. Für die Sabres, die damals seit 9 Jahren keine Playoffrunde mehr gewonnen hatten und in der Bedeutungslosigkeit herumkrebsten, war es ein ungeheurer Glücksfall - und bis heute einer der einseitigsten Trades aller Zeiten. Hasek brauchte nur 2 Jahre, um
Grant Fuhr den #1 Job abzunehmen und seine erste Vezina Trophy zu gewinnen. Wurde der Tscheche anfangs wegen seines unorthodoxen, herumfloppenden Stils ("Hasek-Rolle" etc.) noch belächelt, so brachte er doch die Gegner in den Folgejahren mit seinen unglaublichen Reflexen und seinem Mut zu riskanten Manövern reihenweise zur Verzweiflung und entschied Spiele regelmäßig allein - der "Dominator" war geboren. Im 1-gegen-1 dank seiner nicht vorhersehbaren, scheinbar planlosen Bewegungen wohl der furchterregendste Goalie überhaupt.
Hasek mit 2 guten Bekannten: links die Vezina, rechts die Hart TrophyGleichzeitig erfüllte Hasek auch das Klischee des durchgeknallten Torhüters nahezu perfekt. Ob zerlegte Gästekabinen, im Klo heruntergespülte Anzüge von Mitspielern, Autounfälle unter Alkoholeinfluss, tätliche Angriffe auf Reporter oder plötzlich auftretende oder übertrieben wirkende "Verletzungen", der Dominator war neben dem Eis fast ebenso unberechenbar wie im Tor. 1997 verkrachte sich Hasek restlos mit Sabres-Coach Ted Nolan, was letztendlich zur Entlassung von Nolan und Manager John Muckler sowie tiefer Grabenbildung im Team führte. Mitspieler Matt Barnaby drohte Hasek in der Sommerpause gar Prügel an und der Tscheche wurde die ersten zwei Monate der Saison 97-98 vom eigenen Publikum gnadenlos ausgebuht. Dank einer weiteren grandiosen Saison (13 Shutouts, Hart, Vezina und Pearson Award) verziehen ihm die Fans schließlich wieder.
Auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn gewann Hasek
1998 Olympiagold in Nagano, wo er im Halbfinale alle 5 kanadischen Penaltyschützen stoppte und im Finale mit einem Shutout gegen Russland noch einen draufsetzte. 1998-99 war nicht nur statistisch seine beste Saison (GAA 1,87 und SP 93,3%), sondern er führte Buffalo mit Siegen über Ottawa, Boston und Toronto bis ins
Stanley Cup Finale, wo er auf die Dallas Stars mit seinem ex-Konkurrenten Belfour im Tor traf. Beide Goalies lieferten sich ein episches Duell und verbuchten im entscheidenden Spiel 6 jeweils 50+ Paraden. Brett Hull gewann mit einem bis heute heiß umstrittenen Tor den Cup für die Texaner.
Brett Hulls Cup-winning goal trotz Fuß im Torraum (damals verboten)Zwei Jahre später endete die Ära Hasek in Buffalo, nachdem der Tscheche in der Verlängerung von Spiel 7 der 2. Playoffrunde gegen Pittsburgh einen Verlegenheitsschuss von Darius Kasparaitis passieren ließ. Den Sabres war ihr Superstar im Tor inzwischen zu teuer geworden, und der inzwischen 36-jährige Hasek wollte auch zu einem Spitzenteam, wo er nicht mehr die ganze Last allein tragen musste. Im Sommer 2001 wurde er also zu den Detroit Red Wings getraded, die damals mit Steve Yzerman, Sergei Fedorov, Nicklas Lidström, Brendan Shanahan, Luc Robitaille, Brett Hull, Igor Larionov und Chris Chelios schon ein regelrechtes All-Star Team beisammen hatten. Entsprechend leicht cruiste Hasek dann auch mit 41 Siegen (bei nur 15 Niederlagen) durch die Saison und die Playoffs, wo er im Finale gegen Carolina seinen
1. Stanley Cup gewann. Direkt danach gab er seinen Rücktritt bekannt, kam aber nach einem Jahr Pause wieder zurück.
Inzwischen hatte aber Haseks akrobatischer Stil immer deutlicher seinen Preis gefordert: 2003-04 schaffte er nur 14 Spiele für Detroit, im folgenden Lockout-Jahr pausierte er erneut komplett. Doch 2005 setzten die Ottawa Senators, denen seit Jahren schwache Goalies jedesmal die Playoffs versauten, ihre Hoffnungen in den inzwischen 40 Jahre alten Veteranen. Hasek begann stark, verletzte sich dann aber bei Olympia 2006 in Turin und verpasste die restliche Saison und die Playoffs. Die Senators trauten ihm danach nicht mehr und ließen ihn wieder ziehen. Hasek kehrte nach Detroit zurück, wo er vor 2 Wochen schließlich seinen
2. Stanley Cup gewinnen konnte. Und anders als in Ottawa gemunkelt wurde, war er diesmal mit seiner Backup-Rolle hinter Chris Osgood durchaus zufrieden.
Bestmöglicher Abschied: Cup zum Karriereende 2008Dominik Hasek ebnete den Weg für (ost-) europäische Torhüter in die NHL, denen vorher oft mangelnde Technik und mentale Schwäche nachgesagt wurde. Er war der erste Europäer, der die Liga beim Gegentorschnitt anführte und der erste Spieler in 30 Jahren, der einen GAA unter 2.00 schaffte. Als zweifacher Cup-Gewinner, Olympiasieger, mit 2 Hart Trophys, 6 Vezina Trophys, 2 Pearson Awards, 3 Jennings Trophys, 5 All-Star Nominierungen, fast 400 Siegen und Hunderten spektakulärster Paraden ist ihm die schnellstmögliche Aufnahme in die Hockey Hall of Fame 2011 sicher.
Video: Hasek-Rollen bis zum Abwinken